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Die Kraft der Haltung: Wie sie unsere Organisationen prägt

Aktualisiert: 9. Okt.

Vor kurzem war ich wieder unterwegs und habe mit verschiedenen Management-Teams gearbeitet. Dabei wurde mir einmal mehr etwas sehr Grundlegendes bewusst: Zwischen den strategischen Absichtserklärungen auf der einen Seite und den gelebten Haltungen auf der anderen Seite klafft oft eine große Lücke. Diese Lücke bestimmt am Ende, was wirklich in einer Organisation passiert.


Viele Führungskräfte formulieren klare Ziele. Sie wollen beispielsweise eine Organisation, in der Menschen selbstbestimmt arbeiten, Verantwortung übernehmen und als starke Teams zusammenwirken. Doch gleichzeitig zeigen sich oft Zweifel und Kontrollbedürfnisse, die genau das Gegenteil bewirken. Die tiefere Haltung offenbart sich darin, dass man den Mitarbeitenden nicht zutraut, wirklich sinnvolle Beiträge zu leisten oder selbstverantwortlich zu handeln. Man möchte lieber alles kontrollieren und entscheiden.


Das Paradoxe daran: Man bekommt immer, was man wirklich möchte.


Nicht das, was auf PowerPoint-Folien steht oder in Leitbildern formuliert wird, sondern das, was die innere Haltung und Überzeugung prägt. Wenn ich als Führungskraft innerlich nicht daran glaube, dass mein Team Verantwortung übernehmen kann, werde ich es nicht zulassen. Und genau so entsteht das Ergebnis, das ich „will“ – auch wenn ich es eigentlich nicht will.


„Man bekommt immer, was man wirklich möchte.“ - dieses einfache, aber tiefgründige Gesetz erinnert uns daran, dass unsere innere Haltung die Realität formt.

Haltung ist nicht einfach richtig oder falsch – sondern wirksam oder hinderlich


Eine wichtige Erkenntnis aus der systemisch orientierten Organisationsentwicklung ist: Haltungen sind vielschichtig und nicht per se gut oder schlecht. Vielmehr kommt es darauf an, welche Wirkung sie entfalten und ob sie zum angestrebten Ziel passen.


In meiner Arbeit mit Führungskräften zeigt sich immer wieder, dass unterschiedliche Menschenbilder und Führungsstile aufeinandertreffen. Es gibt rationalistisch-funktionale Haltungen, die stark auf Effizienz, Kontrolle und klare Regeln setzen. Es gibt selbstorientiert-impulsive Haltungen, die eher von Emotionen und spontanen Reaktionen geprägt sind. Und es gibt systemisch-autonome Haltungen, die auf Vertrauen, Entwicklung und Selbstorganisation setzen.


Keiner dieser Haltungen ist per se falsch. Doch die Frage ist: Was will ich wirklich erreichen? Und welche Haltung unterstützt mich dabei?


  • Will ich eine Organisation, die stabil und planbar ist? Dann kann eine eher kontrollierende Haltung dienlich sein.

  • Will ich eine agile, selbstorganisierte Organisation? Dann braucht es Vertrauen, Loslassen und eine andere innere Haltung.


Das Spannende ist, dass wir als Führungskräfte unser Verhalten bewusst modulieren können. Wir können lernen, unsere Haltung zu reflektieren, zu hinterfragen und situationsgerecht anzupassen. Das eröffnet neue Möglichkeiten, die eigene Wirkung und das Ergebnis zu gestalten. Führung wirkt vor allem durch das, was wir tun, nicht nur durch das, was wir sagen.


„The most powerful leadership tool you have is your own personal example.“ – John Wooden

Warum die Diskrepanz zwischen Anspruch und Haltung so häufig ist


In der Praxis sehe ich oft, dass Unternehmen Leitbilder und Werte formulieren, die dann aber nicht gelebt werden. Gerade in Krisensituationen fällt man schnell in alte Muster zurück. Die tiefer liegenden Überzeugungen und Ängste steuern das Verhalten mehr als die strategischen Absichten.


Ein Beispiel: Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice werden oft als Zeichen moderner Führung gefordert. Doch viele Führungskräfte haben Angst, dass Mitarbeitende das ausnutzen könnten. Diese Haltung führt dazu, dass Regeln verschärft und Kontrolle verstärkt wird – und genau das erzeugt dann Misstrauen und Demotivation.


Die zentrale Frage lautet: Was will ich wirklich? Möchte ich Vertrauen schenken und damit Wachstum ermöglichen? Oder möchte ich Sicherheit durch Kontrolle? Beides hat Konsequenzen für die Kultur und das Ergebnis.


Impulse zum Nachdenken und Ausprobieren


1. Reflektiere deine Haltung


Welche Überzeugungen trägst du wirklich in dir? Was glaubst du über die Menschen in deinem Team? Welche Haltung zeigt sich in deinem Verhalten?


2. Beobachte die Wirkung


Welches Ergebnis erzeugt deine Haltung? Unterstützt sie das, was du erreichen möchtest?


3. Erweitere dein Haltungsspektrum


Probiere bewusst neue Verhaltensweisen aus, die deine gewohnte Haltung ergänzen oder herausfordern. Das kann bedeuten, in einem Teamgespräch mal mehr zuzuhören statt sofort zu lenken oder bewusst Vertrauen zu schenken, auch wenn es ungewohnt ist.


Frage dich: Welche Haltung würde die Situation jetzt am besten unterstützen? Hol dir Feedback von Kolleg:innen oder Coachs, wie deine Haltung wirkt. So wächst du Schritt für Schritt in eine flexiblere, wirksamere Führung hinein.


Ein kleiner, aber wirkungsvoller Tipp ist es, den Raum zwischen Reiz und Reaktion bewusst zu nutzen: Wenn du das nächste Mal spürst, dass dich eine Situation emotional herausfordert oder du impulsiv reagieren möchtest, halte kurz inne. Atme tief ein und aus, spüre deinen Körper – zum Beispiel deine Füße auf dem Boden oder deine Hände auf dem Tisch. Diese kleine bewusste Pause schafft einen Raum, in dem du dich entscheiden kannst, wie du reagieren möchtest – vielleicht mit mehr Gelassenheit, Verständnis oder Klarheit. Das ist keine große Übung, sondern eine kleine Praxis, die du jederzeit und überall machen kannst.


„Between stimulus and response there is a space. In that space is our power to choose our response. In our response lies our growth and our freedom.“ – Viktor Frankl

Fazit


Führung ist immer auch Haltung. Und Haltung ist kein statischer Zustand, sondern ein dynamischer Prozess der Entwicklung und Reflexion. Wenn wir wirklich wollen, dass unsere Teams wachsen, Verantwortung übernehmen und leistungsfähig sind, müssen wir zuerst ehrlich hinschauen: Welche Haltung trage ich wirklich? Und wie wirke ich damit?


Denn am Ende gilt: Man bekommt immer, was man möchte – auch wenn es manchmal das ist, was wir unbewusst wollen und nicht das, was wir eigentlich sagen oder auf unsere Unternehmens-Präsentation schreiben.


Die Bedeutung von Vertrauen in der Führung


Vertrauen ist ein zentrales Element in jeder erfolgreichen Organisation. Es ist wie das Fundament eines Hauses. Ohne ein starkes Fundament kann das gesamte Gebäude ins Wanken geraten. Wenn Führungskräfte Vertrauen in ihre Teams setzen, fördern sie nicht nur die Eigenverantwortung, sondern auch die Kreativität und Innovationskraft.


Wie oft haben wir erlebt, dass in einem Raum voller Menschen eine Idee geboren wird, die alle begeistert? Das passiert oft, wenn sich die Mitarbeitenden sicher fühlen, ihre Gedanken und Vorschläge zu teilen. Vertrauen schafft eine Atmosphäre, in der jeder seine Stimme erheben kann.


Vertrauen aufbauen


Um Vertrauen aufzubauen, ist es wichtig, transparent zu kommunizieren. Das bedeutet, offen über Entscheidungen, Herausforderungen und auch über Fehler zu sprechen. Wenn Führungskräfte zeigen, dass sie bereit sind, auch mal Schwächen zuzugeben, ermutigen sie ihre Teams, dasselbe zu tun.


Frage dich: Wie kannst du in deinem Team ein Umfeld schaffen, in dem Vertrauen gedeihen kann? Welche kleinen Schritte kannst du unternehmen, um diese Kultur zu fördern?


Die Rolle der Selbstreflexion


Selbstreflexion ist ein kraftvolles Werkzeug für jede Führungskraft. Sie ermöglicht es uns, unsere eigenen Haltungen und Verhaltensweisen zu hinterfragen. Indem wir regelmäßig innehalten und uns fragen, wie wir auf bestimmte Situationen reagiert haben, können wir Muster erkennen und gegebenenfalls ändern.


Es ist wie ein Spiegel, der uns zeigt, wie wir wahrgenommen werden. Manchmal ist das Bild, das wir sehen, nicht das, was wir uns wünschen. Doch das ist in Ordnung. Der erste Schritt zur Veränderung ist das Erkennen.


Praktische Tipps zur Selbstreflexion


  • Tägliches Journaling: Nimm dir jeden Tag ein paar Minuten Zeit, um deine Gedanken und Gefühle aufzuschreiben. Was lief gut? Was hättest du anders machen können?

  • Feedback einholen: Bitte deine Kollegen um ehrliches Feedback. Oft sehen andere Dinge, die wir selbst übersehen.

  • Mentoring suchen: Ein Mentor kann dir helfen, neue Perspektiven zu gewinnen und deine Entwicklung zu unterstützen.


Indem wir uns selbst reflektieren, können wir nicht nur unsere eigene Haltung verbessern, sondern auch die unserer Teams.


Schlussgedanken


Die Reise zur effektiven Führung ist eine ständige Herausforderung. Doch sie ist auch eine der lohnendsten. Wenn wir bereit sind, unsere Haltungen zu hinterfragen und uns auf den Weg der Selbstentwicklung zu begeben, können wir nicht nur uns selbst, sondern auch unsere Organisationen transformieren.


Letztendlich liegt die Kraft in uns. Es liegt an uns, die Veränderungen zu initiieren, die wir uns wünschen. Und wie wir wissen: Man bekommt immer, was man wirklich möchte.

 
 
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